Die peripheren Nerven schließen all jene ein, welche außerhalb des Schädels und des Rückenmarks liegen. Die optimale Korrektur von durchtrennten Nerven ist auf Univ. Prof. Dr. Hanno Millesi zurückzuführen, welcher für diese Entdeckung weltbekannt wurde. Anstatt die zwei einander zugekehrten Enden des durchtrennten Nervs zusammenzunähen, wenn der Abstand eine gewisse Länge überschreitet, überbrückte er die beiden Enden mit einem transplantierten, körpereigenen, entbehrlichen Nerv. Werden durchtrennte Nerven unter Spannung zusammengenäht, löst dies eine Vernarbung der Naht aus und verhindert dadurch, dass die Nerven korrekt funktionieren.

Diese Methode bildet den aktuell gültigen internationalen Standard und ist für viele Menschen eine Erleichterung, da sie verloren gegangene Fähigkeiten wiedererlangen konnten. Bei durchtrennten Nerven übernimmt die Krankenkassa den Eingriff.

Neurome

Neurome sind durchtrennte Nervenenden. Neurome in den Händen machen sich durch Brennen in der Handfläche und einem Kribbeln in den Fingern spürbar. In diesem Fall müssen Sie zu einem Plastischen Chirurgen gehen, der bestenfalls auch Mikrochirurg und ein Spezialist auf dem Gebiet der peripheren Nerven ist.

Plexus Brachialis Läsionen

Alle Muskeln der oberen Extremitäten (Oberarme und Unterarme) werden durch fünf Nervenstränge versorgt, die in der Halsregion das Rückenmark verlassen, durch die Wirbelsäule seitlich heraustreten und ein kompliziertes Nervengeflecht bilden – „Plexus brachialis“ – lat. „Armgeflecht“. Der Plexus brachialis gehört zum Peripheren Nervensystem (PNS). Dieses Geflecht zieht unter dem Schlüsselbein und über der 1. Rippe zum Oberarm, wo es sich nach Abzweigung mehrerer Nerven für die Schultermuskeln in die drei Hauptnerven des Armes (Nervus medianus, radialis und ulnaris) aufteilt.

Bei der Geburt, sowie bei Stürzen mit hoher Geschwindigkeit auf die Schulter (Motorradunfälle), wird das Nervengeflecht zwischen dem Schlüsselbein und der 1. Rippe eingeklemmt. Der Zug des Geburtshelfers am Kopf, bzw. die Fliehkraft der Verzögerung beim Aufprall bewirken eine Überstreckung des Kopfes, damit eine abrupte Verlängerung der Wegstrecke zwischen Hals und Schlüsselbein. Die eingeklemmten Nerven können dieser Dehnung nicht folgen und reißen, medizinisch spricht man von einer sog. “Läsion des Plexus brachialis”. Die Folgen dieser Verletzungen können unterschiedlicher nicht sein: sie reichen von zeitlich begrenzten, vollständig rückgängigen Teilausfällen bis zu irreparablen, dauerhaften Lähmungen des gesamten Oberarmes und des Schultergürtels. Die operative Inspektion und Rekonstruktion unfallbedingter Verletzungen des Plexus brachialis gehören zu den aufwendigsten, kompliziertesten und schwierigsten Eingriffen der Plastischen Chirurgie die u.U. über 12 Stunden dauern können.

Gemeinsam mit Prof. Millesi und dem Neurologen Prof. Mayer entwickelte Dr. Turkof die Methode der “intraoperativen, transkranialen elektrischen Stimulation des motorischen Cortex”. In langjähriger Forschungsarbeit konnten wir nachweisen, dass mit dieser Messmethode ein funktioneller Test der motorischen Fasern der Nervenwurzeln möglich ist, Erkenntnisse, die während des Eingriffs oft von großer Wichtigkeit für den Operateur sind.

Pronator teres Syndrom

Beim Pronator teres Syndrom ist der Nervus medianus an der Stelle eingeengt, wo er durch den Musculus pronator teres hindurch tritt. Die korrekte Diagnose ist sowohl klinisch (Schwäche der vom Nervus medianus versorgten Muskeln) als auch elektromyographisch und elektroneurographisch möglich. Die Therapie besteht wie bei allen anderen Kompressionssyndromen in der Freilegung des Nervs im Bereich der Engstelle und der Entfernung der beengenden Strukturen. Bei unklarer Symptomatik bzw. nicht schlüssiger präoperativer Elektrodiagnostik kann mit Hilfe der intraoperativen Elektroneurodiagnostik Klarheit geschaffen werden, an welcher Stelle der Nerv tatsächlich geschädigt ist und was, bzw. bis wohin operiert werden muss.

Sulcus nervi ulnaris Syndrom (SNUS)

Das Engpass-Syndrom des Nervus ulnaris im Bereich des Ellbogens (Sulcus) ist nach dem Karpaltunnelsyndrom (CTS) das zweithäufigste Kompressionssyndrom.

Die Problematik dieses Syndroms besteht in der Umstrittenheit seiner Therapie. Seit Jahrzehnten wechseln die Empfehlungen der “besten” Therapie in der Literatur einander ab: sie reichen vom einfachen Durchtrennen des bindegewebigen Daches des osteofibrösen Kanals im Sulcusbereich über das Herauslösen des Nervs mit Vorverlagerung unter die Haut bis hin zu Vorverlagerungen unter die Muskulatur. Letztere bietet beträchtlichen operativen Variationsspielraum: Verlagerung des Nervs in den Muskel, unter den Muskel, unter den Muskel mit Versetzung des Muskels etc. Die größte Schwierigkeit besteht darin, das angebrachte Ausmaß an operativem Aufwand zu bestimmen, um den Nerv dauerhaft zu entlasten. Eine Spaltung des osteofibrösen Kanals ist natürlich weniger aufwendig und schmerzhaft als eine Vorverlagerung des Nervs unter den Muskel.

Syndrom der Loge de Guyon

Das Syndrom der Loge de Guyon ist ein Engpass-Syndrom des Nervus ulnaris im Bereich des Handgelenkes. Bei gesicherter Diagnose ist die Therapie relativ einfach, ein ihn bedeckendes kleines Band (Ligamentum piso-hamatum) wird durchtrennt und der Nerv gegebenenfalls von begleitenden Narben gelöst.

Ein Problem kann die Differentialdiagnose (Unterscheidung) zum Sulcus nervi ulnaris Syndrom darstellen bzw. der Ausschluss oder die Bestätigung des gleichzeitigen Vorhandenseins beider Kompressionssyndrome: gar nicht so selten ist weder die Klinik (also die eigentlichen Beschwerden) noch die Elektrophysiologie eindeutig, sodass der Arzt aufgrund seiner Erfahrung entscheiden muss, ob er erst am Handgelenk oder am Ellbogen “nachschaut”. Einige bedeutende plastische Chirurgen empfehlen sogar, den Nervus ulnaris im Bereich der Loge de Guyon beim gesicherten Sulcus nervi ulnaris Syndrom auf alle Fälle zu eröffnen, um den wiederaussprossenden Axonen diese grenzwertig enge Passage zu öffnen. Bei fraglicher Lokalisation der Nervenläsionsstelle ist die intraoperative Elektroneurodiagnostik hilfreich, weil die Lokalisation des Schadens eindeutig möglich ist und dadurch ein unnötiger Operationsschritt vermieden und der notwendige Eingriff durchgeführt werden kann.

Suppinator-Syndrom

Das Suppinator-Syndrom ist ein Engpass-Syndrom des Nervus radialis an seiner Durchtrittsstelle durch den Musculus suppinator (Anfang des Oberarms, Frohse‘sche Arkade). Üblicherweise ist sowohl Symptomatik als auch Elektrophysiologie eindeutig, die Therapie besteht im Wesentlichen in der Erweiterung der Durchtrittsstelle im Muskel. Auch beim Suppinator-Syndrom sollte eine Überprüfung der Schadensstelle und der Schadenslänge mittels intraoperativer Elektroneurodiagnostik durchgeführt werden.

Fehlbildungen der Hand

Die häufigsten Fehlbildungen sind die “Syndaktylien”, also wenn zwei oder mehr Finger miteinander verwachsen sind. Beschränkt sich die Syndaktylie auf die Haut, ist die operative Trennung relativ einfach, obwohl auch hier mitunter nur ein Nerv oder eine gemeinsame Arterie für die einander zugekehrten Fingerhälften vorkommen kann und der Chirurg dann eine echte “Triage” machen muss. Fast immer sind Hauttransplantate notwendig. Komplizierter wird die Sache, wenn auch die Knochen zusammengewachsen sind, bzw. wenn zudem noch unterschiedliche Längen, bzw. Formen auftreten. Hier müssen u.U. mehrere Eingriffe langfristig geplant werden. Auf jeden Fall ist eine exakte präoperative Diagnose, die genaue Planung und Durchführung durch den erfahrenen Handchirurgen notwendig. Die extreme Vielfalt der übrigen, glücklicherweise seltener vorkommenden Fehlbildungen machen eine sinnvolle Zusammenfassung in diesem Rahmen unmöglich. Für Ratsuchende gibt es handchirurgische Zentren, die auf die Korrektur von Fehlbildungen an der Hand spezialisiert sind.